Wärmewende im Einfamilienhaus
Der Bestand an Einfamilienhäusern
In Deutschland stehen etwa 13 Millionen Einfamilienhäuser. Weitere 6,4 Millionen Wohnungen befinden sich in ca. 3,2 Millionen Zweifamilienhäusern. Der überwiegende Teil dieser insgesamt 16,2 Millionen kleinen Wohngebäude wird auch in den nächsten nicht an ein Wärmenetz angeschlossen werden. Eine wirksame Wärmewende in diesen Gebäuden wird bedeuten, die Gas- oder Ölheizung durch eine Wärmepumpe zu ersetzen. Alternativen wie eine Pelletheizung sind mit einem zukünftig großen Preisrisiko verbunden, mit Solarthermie kann meist nur ein kleiner Teil der erforderlichen Wärmemenge erzeugt werden und einen Vertrag für die langfristige Belieferung mit grünem Gas wird man bei den Gaslieferanten kaum bekommen. Zudem planen immer mehr Kommunen, das Gasnetz mittelfristig außer Betrieb zu nehmen.
Aber wie ist der Sanierungszustand des Gebäudes? Der Wärmeverbrauch pro m2 Wohnfläche ist wichtig, um den Sanierungszustand eines Gebäudes beurteilen und die Effizienzklasse bestimmen zu können. Anhand dieser Einstufung lässt sich auch abschätzen, ob ein Gebäude schon geeignet für eine Heizung mit Wärmepumpe ist.
Abbildung 14: Verteilung des Heizenergieverbrauchs nach Energieeffizienzklassen
Quelle: auf Basis von Daten von Wohngebäude-Info/CO2-Online (2023)
Bei Gebäuden mit den Energieeffizienzklassen A+, A, B und C besteht kein Sanierungsbedarf. Sie können im Regelfall ohne wesentliche bauliche Änderungen mit einer Wärmepumpe beheizt werden, wodurch der Bedarf an Endenergie zum Heizen von z.B. 100 kWh/m2 auf 25 bis 33 kWh/m2 fällt. Gelingt es, durch die Kombination einer Wärmepumpe mit einer PV-Anlage und einem Speicher 50 % des Wärmepumpenstroms selbst zu generieren, dann können 100 m2 Gebäudefläche mit ca. 1.250 bis 1.600 kWh Netzstrom beheizt werden.
Knapp die Hälfte der Gebäude gehört in die Effizienzklassen D und E mit einem jährlichen Wärmeverbrauch zwischen 100 kWh/m2 und 160 kWh/m2. Diese Gebäude sollten mittelfristig energetisch verbessert werden, z.B. durch vergleichsweise günstige Maßnahmen wie Dachdämmung oder Dämmung der obersten Geschossdecke, Dämmung der Kellerdecke und im Fall von doppelschaligem Mauerwerk durch eine Einblasdämmung. Durch einen hydraulischen Abgleich, eine digitale Heizungssteuerung und den Ersatz einiger kleinerer Heizkörper durch größere kann aber in vielen Fällen auch in diesen Gebäuden eine Wärmepumpe zur Heizung eingesetzt und so der Bedarf an Endenergie deutlich reduziert werden.
Die Gebäude der Effizienzklassen F, G und H sind dringend sanierungsbedürftig. Hier ist neben der Dachdämmung, Dämmung der obersten Kellerdecke und im Fall von doppelschaligem Mauerwerk einer Einblasdämmung auch über den Einbau neuer Fenster und eine Fassadendämmung der Energiebedarf deutlich zu reduzieren. Ziel muss aber kein Passivhaus- oder Niedrigenergiestandard sein. Schon eine Verbesserung auf die Effizienzklassen C oder D wird in vielen Fällen ausreichen, um danach auch eine fossilfreie Heizung einbauen zu können.
Die technische Lösung am Beispiel
Der im Bild gezeigte Walmdachbungalow hat eine Wohnfläche von 140 m2. Der Baustandard entspricht der 3. Wärmeschutzverordnung von 1995. Mit einem Wärmebedarf für Heizung und Warmwasser von 92 kWh/m2 hat das Gebäude die Energieeffizienzklasse C.
Bei Einbau der Wärmepumpe 2021 wurden einzelne Heizkörper gegen Gebläseheizkörper ausgetauscht, die zum einen mehr Wärme verteilen als reine Konvektorheizkörper, zum anderen im Sommer auch zum Kühlen eingesetzt werden können. Das sommerliche Kühlen führt nebenbei zur Einspeisung sommerlicher Wärme in die Erdsonden und regeneriert so das dort vorhandene Wärmepotenzial.
Foto: Jens Clausen
Das Gebäude wird mit einer Sole Wasser Wärmepumpe mit einer Leistung von 6 kW beheizt. Die Umweltwärme wird durch zwei Erdsonden mit je 75 m Tiefe gewonnen. Der kalkulierte Heizbedarf des Hauses für Wärme und Warmwasser liegt bei ca. 13.000 kWh/a.
Das Haus ist auf drei von vier Dachflächen mit einer PV-Anlage mit einer Leistung von zusammen 14 kWpeak ausgestattet. Im Heizungsraum befinden sich der Wechselrichter sowie ein Stromspeicher mit einer Speicherkapazität von 13,5 kWh. Der Heizwärmeverbrauch des ersten Betriebsjahres (8/2021 bis 8/2022) betrug ca. 10.000 kWh zzgl. 3.400 kWh Warmwasser, der Stromverbrauch der Wärmepumpe lag bei 3.000 kWh/a. Die Jahresarbeitszahl (JAZ) lag bei 4,4. Vom Wärmepumpenstrom konnten ca. 60% mit PV und Stromspeicher selbst produziert werden, nur 1.200 kWh mussten beim Stromversorger zugekauft werden.
Fotos: Stefan Koch
Die Auswirkungen auf die Kosten, den Energieverbrauch und die Treibhausgasemissionen
Um einen Kostenvergleich durchzuführen ist es nötig, die zukünftigen Preise zu schätzen. Für den folgenden Vergleich wurden als Preis für eine Kilowattstunde Erdgas 10 Cent und für eine Kilowattstunde Netzstrom zum Wärmepumpentarif 30 Cent angesetzt. Selbst produzierter PV-Strom wurde mit 12 Cent/kWh eingerechnet. Natürlich können sich diese Preise zukünftig ändern, z.B. durch eine billigere Stromerzeugung durch Wind und Sonne, durch höhere Netzgebühren, durch den Emissionshandel mit der CO2-Abgabe auf Erdgas und anderes mehr.
Grafik: Borderstep
Durch die eigene Stromerzeugung auf dem Dach sinken die Energiekosten für den Betrieb der Wärmepumpe von 900 Euro/a, wenn sie nur mit Netzstrom betrieben würde, auf nur noch knapp 600 Euro/a. Zudem fließen gut 200 Euro/a in die eigene Tasche, weil sich hier die Photovoltaikanlage quasi selbst abbezahlt. Darüber hinaus „verdient“ die Photovoltaik auch dadurch, dass sie den größten Teil des Haushaltsstroms bereitstellt und für den ins Netz eingespeisten Strom gibt es eine Vergütung von ca. 8 Cent/kWh.
Aber woran liegt es noch, dass die Wärmepumpe so günstige Betriebskosten hat?
Schauen wir dazu zunächst auf den Energiebedarf. Vor der Umstellung auf Wärmepumpe verbrauchte das Gebäude 92 kWh/m2 Erdgas und die Heizung hatte wie jede Gasheizung einen Wirkungsgrad von ca. 90 %. Der jährliche Erdgasverbrauch lag bei ca. 14.400 kWh/a.
Die Wärmepumpe benötigt zur Erzeugung der im sanierten Zustand erforderlichen Wärmemenge von 13.000 kWh/a bei einer Jahresarbeitszahl von 4,4 nur etwa 3.000 kWh/a Strom. Etwa 1.800 kWh wurden durch die eigene PV zusammen mit dem Stromspeicher zur Verfügung gestellt, nur 1.200 kWh mussten aus dem Netz zugekauft werden.
Grafik: Borderstep
Es ist klar erkennbar, dass die Menge Energie, die eingekauft werden muss, deutlich sinkt. Die Wärmepumpe holt sich den größten Teil der Wärme aus der Erdsonde. Vom Rest werden etwa 60 % auf dem Dach „geerntet“, nur 40 % werden vom Stromversorger zugekauft.
Durch den Einbau der Wärmepumpenanlage sinken die Treibhausgasemissionen des Gebäudes deutlich. Mit der Erdgasheizung fallen 5,7 Tonnen CO2eq an, von denen etwa 60 % auf die Verbrennung des Erdgases und ca. 40 % auf die Methanemissionen bei Förderung und Transport zurückgehen. Für eine kWh Erdgas wurden daher 400 g CO2eq /kWh angesetzt (Brauers et al., 2021).
Grafik: Borderstep
Aufgrund des hohen Anteils von klimaneutral erzeugtem Photovoltaikstrom vom eigenen Dach wie auch aufgrund des in 2023 sehr hohen Anteils von Regenerativstrom im Stromnetz fallen bei der Wärmepumpenheizung nur 370 g CO2eq/ kWh Emissionen beim Netzstrom an (BDEW, 2023). Im Jahr sind das ca. 500 kg CO2eq/a. Mit steigendem Anteil an Regenerativstrom werden diese Emissionen in den nächsten Jahren weiter sinken, ohne dass an dem Gebäude weitere Änderungen vorgenommen werden müssen. Etwa 2035 dürften die Treibhausgasemissionen der Heizung mit Wärmepumpe dann bei Null liegen.
Und was wäre, wenn das jeder machen würde?
In Deutschland stehen etwa 13 Millionen Einfamilienhäuser. Weitere 6,4 Millionen Wohnungen befinden sich in ca. 3,2 Millionen Zweifamilienhäusern. Im Durchschnitt bieten sie ca. 130 m2 Wohnfläche pro Wohnung und verbrauchen jährlich zusammen ca. 319 TWh Wärmeenergie für Heizwärme und die Warmwasserbereitung (Dena, 2023). Pro Quadratmeter entspricht dies einem Wärmebedarf von ca. 125 kWh/m2.
Von diesen Gebäuden werden ca. 75 % mit Erdgas oder Heizöl beheizt (Dena, 2023), was einem Wärmeenergieverbrauch von 240 TWh/a entspricht. Würden diese Gebäude statt mit Brennstoffen wie Erdgas oder Heizöl mit Wärmepumpe beheizt, ergäbe sich unter Annahme einer Jahresarbeitszahl von 3,2 ein Strombedarf von 75 TWh/a. Und würde von dem Strom nur ein Drittel durch eine gebäudeintegrierte PV erzeugt, dann würden 50 TWh Netzstrom ausreichen, um diese Gebäude zu heizen.
Grafik: Borderstep
Die Treibhausgasemissionen würden von 71 Mio. t CO2eq/a im Falle der Beheizung durch Erdgas und Heizöl um mehr als 80 % auf unter 14 Mio. t CO2eq/a und in den nächsten 10 Jahren ohne weitere technische Änderungen am Gebäude auf Null abnehmen.
Quellen
BDEW. (2023). Die Energieversorgung 2023 – Jahresbericht –. Berlin. Zugriff am 24.3.2024. Verfügbar unter: https://www.bdew.de/media/documents/Jahresbericht_2023_final_18Dez2023_V2.pdf
Brauers, H., Braunger, I., Hoffart, F., Kemfert, C., Oei, P.-Y., Präger, F. et al. (2021). Ausbau der Erdgas-Infrastruktur: Brückentechnologie oder Risiko für die Energiewende? Zenodo. https://doi.org/10.5281/ZENODO.4536573
Dena. (2023). DENA Gebäudereport 2024. Berlin: Deutsche Energie-Agentur (dena). Zugriff am 2.7.2024. Verfügbar unter: https://www.dena.de/newsroom/publikationsdetailansicht/pub/dena-gebaeudereport-2024/
Wohngebäude-Info. (2023). Heizen. Wohngebäude-Info/CO2-Online. Zugriff am 7.11.2023. Verfügbar unter: https://www.wohngebaeude.info/daten/#/heizen/bundesweit